Messi sprengt alle Schubladen - Diego Maradona ber 11FREUNDE

Diego Maradona, Sie sind der einzige Trainer, der Ksse verteilt. Ich war schon immer so. Du kannst den ganzen Tag trainieren, von morgens bis abends, aber wenn kein Feeling zwischen dir und den Spielern ist, dann kannst du keine Geschichte schreiben. Niemand soll glauben, dass hier ein Zauberer am Werk ist. Die Zauberer sind die

Diego Mara­dona, Sie sind der ein­zige Trainer, der Küsse ver­teilt.

Ich war schon immer so. Du kannst den ganzen Tag trai­nieren, von mor­gens bis abends, aber wenn kein Fee­ling zwi­schen dir und den Spie­lern ist, dann kannst du keine Geschichte schreiben. Nie­mand soll glauben, dass hier ein Zau­berer am Werk ist. Die Zau­berer sind die mit den kurzen Hosen. Natür­lich gibt es die Guar­diolas, Mour­inhos, Menottis, Bilardos und Basiles – Trainer, die einiges erreicht haben. Aber durch ihre Spieler.

Was unter­scheidet Sie von diesen Trai­nern?

Ich bin im rich­tigen Moment zu einer Gruppe argen­ti­ni­scher Spieler gekommen, die zusam­men­spielen, um die Men­schen zu erfreuen. Ich danke Gott, dass sie alle gesund sind.

Es gibt auch Trainer, die mit den besten Spie­lern im Kader schei­tern…

Das stimmt. Aber ich bin gereift. Denn die WM ver­langt es, schnelle Ent­schei­dungen zu treffen. Ich wusste: Wenn wir wieder spüren, was das argen­ti­ni­sche Trikot bedeutet und was eine Welt­meis­ter­schaft bedeutet, dann werden wir anders auf­treten.

Nach Bas­tian Schwein­stei­gers Ver­bal­at­ta­cken sagten Sie, dass Schwein­steiger wohl nur nervös sei. Sind Sie denn gar nicht nervös vor dem Spiel gegen Deutsch­land?

Ich mache mir keine großen Sorgen wegen Deutsch­land. Wenn wir gleich­viel Ball­be­sitz haben, dann sind wir im Vor­teil, weil wir den Ball besser kon­trol­lieren können. Wie wir im März gegen Deutsch­land gespielt haben, war tak­tisch per­fekt. Ich möchte, dass die Jungs ver­stehen, dass wir dem Gegner nicht den Ball her­schenken können, wie wir es zwanzig Minuten lang gegen Mexiko getan haben. Wenn wir die Kon­trolle am Spiel abgeben, dann ist das ganz allein unsere Schuld.

Man sagt, dass die Ein­zel­spieler Argen­ti­niens Mann­schaft so gut machen. Schmä­lert das Ihren Ver­dienst?

Ich möchte der Letzte sein, der den Pokal küsst, denn die Spieler sind es, die ihn gewinnen. Dass das klar ist!

Spüren Sie jetzt den Respekt vor dem Trainer Mara­dona, den Sie vorher ver­missten und wor­über Sie sich in derben Worten Luft gemacht haben?

Ich habe nie daran geglaubt, was einige geschrieben haben. Ich kannte meine Fähig­keiten, wusste, was ich geben kann. Des­halb haben mich die Kri­tiken wäh­rend der Qua­li­fi­ka­tion nicht geschockt. Ich wusste, dass ich eines Tages genau den Mascherano haben würde, den ich heute habe, und nicht den Mascherano, der mit einer Hälfte seiner Gedanken bei Real Madrid war und mit der anderen in Bar­ce­lona. Ich wusste, dass ich diesen Messi haben würde, diesen Tevez…

Genießen Sie die WM mehr als erwartet?

Nein, ich habe mir das genau so vor­ge­stellt.

Ist Lionel Messi wie der Mara­dona von 1986 oder eher wie der Mara­dona von 1982?

Diese Ver­gleiche müssen auf­hören, Messi sprengt alle Schub­laden. Er ist so gut, dass er mit einer Krone auf das Spiel­feld gehen könnte.

Messi sagt, es läge an Ihnen, dass er so gut ist.

Dan­ke­schön, aber Lío spielt auf diesem Niveau, weil er es will. Er ist glück­lich. Und alle, die sich beschwert haben, als Messi die Natio­nal­hymne vor den Qua­li­fi­ka­ti­ons­spielen nicht mit­sang, frage ich: Wem macht es Spaß, zu ver­lieren? Und wir haben damals ver­loren! Aber jetzt ist alles anders, und es macht mich stolz, Messi glück­lich zu machen. Ich sehe, wie er mit Javier Pas­tore oder mit Ariel Garce scherzt, die er vorher noch nie getroffen hatte. Ich beob­achte die Spieler wie ein Spion. La Bruja (»Die Hexe« – der Spitz­name für Verón) ist ein Fuß­ball-Intel­lek­tu­eller. Er weiß viel mehr über Fuß­ball als Lío, aber der Kleine redet mit!

Sie haben sich Sorgen um Messi gemacht, der in der Natio­nal­mann­schaft lange nicht zur Form fand. Dann sind Sie extra nach Bar­ce­lona geflogen, um ihn zu besu­chen.

Ich wollte nie einen Messi, der skla­visch an eine Posi­tion gebunden ist. Es soll sich dem Ball nahe fühlen. Er soll ihn halten, eine Tor­si­tua­tion schaffen oder den ent­schei­denden Pass spielen. Er hat zwar noch kein Tor geschossen, aber man darf nicht ver­gessen, dass auch ich 1986 erst im Vier­tel­fi­nale so richtig in Erschei­nung trat.

Hat er Ihnen gesagt, wo er sich am wohlsten fühlt?

Nein. Ich bin zu Messi gegangen und erzählte ihm, dass mir nie jemand vor­ge­schrieben hatte, wo ich spielen sollte. Also muss auch er ent­scheiden, wo er spielen will. Er ist Manns genug, sich den Ball zu schnappen und zu sagen: »Dieser Ball gehört mir, und nie­mand liest dieses Spiel so gut wie ich!« Das habe ich als Spieler getan, jetzt ist Messi dran.

Ihre Bot­schaft an Messi lau­tete also: Ich werde auf dich setzen, aber du musst du selbst sein?

Ja, und es ist für mich groß­artig, wenn er zu mir sagt: »Bitte, stell mich auf!«, wie er es vor dem Spiel gegen Grie­chen­land tat. Ich hätte ihn natür­lich sowieso auf­ge­stellt! Aber was ich sagen will, ist, dass Messi den Ball und das argen­ti­ni­sche Trikot abgöt­tisch liebt.

Ist Ihre Stra­tegie als Trainer, die Spieler ein­fach machen zu lassen?

Vor­sicht: Du kannst Bolatti oder Jonás oder Bur­disso nicht die glei­chen Frei­heiten geben wie Messi. Du musst wissen, wen du machen lässt und wen nicht. Und das ist meine Auf­gabe. Ich muss sehen, mit wem Messi sich am besten ver­steht, mit wem er das beste Fee­ling hat, mit wem er am liebsten spielt. Und Abwehr und Mit­tel­feld müssen solide stehen, damit wir wie ein Blitz nach vorne stoßen können.

Messis Gesichts­aus­druck hat sich ver­än­dert, auf dem Feld und auch in Inter­views. Früher senkte er immer den Blick, wenn er sprach, jetzt sieht man ihn mit erho­benem Kopf.

Er ist ein Mann, ein Mann! Und es ist toll, in dieser Zeit an seiner Seite zu sein.

Messi sagte, dass er in der Qua­li­fi­ka­tion nicht er selbst war. War das bei Ihnen ähn­lich? Als Trainer haben Sie ein Schei­tern erst im letzten Moment ver­hin­dern können.

Der Unter­schied ist: Ich habe jetzt mehr Zeit. Die braucht man mit diesen Spie­lern. Ich kann jetzt meiner Fan­tasie freien Lauf lassen, mir etwa eine Stan­dard­si­tua­tion mit Messi und Verón vor­stellen: Zwei stehen in der Mauer, du hast zwei zum Schießen, Messi legt Verón auf, der zieht alle Spieler auf sich und Messi ist plötz­lich frei. In einer sol­chen Situa­tion ist Messi töd­lich.

Haben Sie irgend­einen Spieler bei dieser WM gesehen, der ähn­lich gut ist wie Messi?

Ich habe keinen gesehen, der auch nur 30 Pro­zent von Messi hat. Ich habe auch keinen gesehen, der 30 Pro­zent von Tevez hat. Er reißt dich mit seinem Spiel mit. Ich liebe meine Mann­schaft. Der Favorit, von dem ich gehört habe, verlor mit Xavi und Iniesta 0:1 gegen die Schweiz. Ich zitiere jetzt mal unseren Kotrainer Hector Enrique: Wenn die Tore an der Sei­ten­linie stünden, hätte Spa­nien 10:1 gewonnen. Das stimmt. Weil sie den Ball halten und halten und halten, aber wann greifen sie an?

Sie sagen, Argen­ti­nien gehöre nicht zu den Favo­riten – um die Erwar­tungen nicht so hoch zu schrauben?

Wir lassen anderen gerne den Vor­tritt, wir ori­en­tieren uns immer am nächsten Spiel. Sie sollen ruhig alle kommen!

Gerade spra­chen Sie noch von Spa­nien…

… wenn wir sie an den Rand des Abgrunds getrieben haben, werden wir sie hin­un­ter­stoßen. Sie würden das doch genauso machen, uns hin­ein­stoßen! Sie würden dir nicht die ret­tende Hand hin­halten. Sie werden dir auf die Finger treten, damit du run­ter­fällst. So ist es eben.

Es heißt, Sie wären nur der Moti­vator der Mann­schaft, die Taktik bestimmten andere. Wer zeichnet an der Tafel die Stan­dard­si­tua­tionen auf?

Das bespre­chen wir zu dritt, Mancu (Spitz­name von Kotrainer Ale­jandro Man­cuso), El Negro (Spitz­name von Hector Enrique) und ich. Wir schauen uns Videos an und lassen uns Spiel­züge ein­fallen. Manchmal fallen mir mehr ein als den beiden anderen. Heinze schoss das Tor gegen Nigeria, weil ich gesehen hatte, dass Nigeria stark ver­tei­digen kann. Also sagte ich: Ich werde ihnen starke Spieler gegen­über­stellen. Ich werde drei Mauern bauen: Samuel, Tevez, Demi­chelis. Ihr werdet sehen, dass sie da nicht gegen ankommen werden und sie werden ihren Straf­raum nicht mehr ver­lassen. Und el Gringo (Spitz­name von Heinze) wird ihnen dann vom Elf­me­ter­punkt einen rein­ma­chen. Wir haben das im Trai­ning geübt, und ich erkannte, dass wir das Spiel so kna­cken können. Des­halb habe ich nach dem Tor geschrieen: »Der Spielzug hat funk­tio­niert, der Spielzug hat funk­tio­niert!«

Wann haben Sie den Schritt vom Spieler zum Trainer gemacht?

Als ich mich zurück­ziehen musste, um eine Mann­schaft zu finden. Dabei dachte ich immer an die Spieler und vergaß die harte Kritik von außen. Ich dachte dar­über nach, was mit diesen Spie­lern mög­lich ist. Ich habe sie lange beob­achtet.

An wel­chem Trainer ori­en­tieren Sie sich?

Mir gefällt Mour­inho. Nicht nur als Trainer. Mir gefällt auch, wie er mich behan­delt. Wir haben stun­den­lang mit­ein­ander über Fuß­ball geredet. Mour­inho ist ein Typ, mit dem du dich ins Käm­mer­chen zurück­ziehen kannst, um ihn um Rat zu bitten. Ich habe seine Tele­fon­nummer, manchmal rufe ich ihn an.

Würden Sie ihn auch jetzt anrufen?

Wenn ich Zweifel hätte, würde ich das tun. Er ist der Cham­pion der Cham­pions.

Apropos Trainer-Stil: Wann hatten Sie die Idee, die vier zen­tralen Spieler offen­siver agieren zu lassen?

Die hatte ich schon lange, aber ich hatte nicht die Spieler dazu. Einer war erschöpft, der zweite hatte Pro­bleme, der dritte wollte seinen Klub ver­lassen, es gab interne Schwie­rig­keiten. Als sie alle mental befreit waren, sagte ich ihnen: »Lauft nach vorne!« Ver­tei­digen ist nicht alles.

Ähnelt die Mann­schaft darin der von 1994, in der Sie selbst noch gespielt haben: Den Ball halten, damit der Gegner ihn nicht bekommt?

Das ist eine Art Mantra, das ich täg­lich wie­der­hole. Solange wir ihn haben, haben sie ihn nicht. Und keine andere Mann­schaft der Welt kann den Ball so gut halten wie wir, denn wir haben die besten Füße.

Was würden Sie dafür geben, Welt­meister zu werden?

Einen Arm. Ich würde einen Arm für diesen Pokal geben.

Sie haben ver­spro­chen, nackt durch Buenos Aires zu laufen, wenn Argen­ti­nien Welt­meister wird. Momentan ist es dort Winter und ziem­lich kalt.

Aber ich stehe zu dem Ver­spre­chen. Ich habe ja nicht gesagt, wann ich mich aus­ziehe.

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